Wie sicher ist Medellín?
Das ist so ziemlich mit die erste Frage, die ich zu zu hören bekomme, wenn ich erzähle, dass ich nach Medellín reise bzw. jetzt sogar dorthin umgezogen bin.
Um euch gleich vorweg zu beruhigen: Heutzutage ist die Sicherheit in Medellín deutlich besser und die Stadt weniger gefährlich als noch in den 90er Jahren. Damals galt Medellín als DIE gefährlichste Stadt überhaupt. Die Drogenkartelle hatten Medellín im Griff; Raubüberfälle, Erpressungen, Bomben, Entführungen und Morde standen an der Tagesordnung.
Dank Investionen in Bildung und Transportwesen und natürlich dank der Zerschlagung des Medellín-Kartells ist die Stadt heute relativ sicher. Sie taucht nicht einmal mehr unter den Top50 der gefährlichsten Städte auf und wurde 2013 vor Tel Aviv und New York als „innovativste Stadt der Welt“ ausgezeichnet.
Trotzdem sollte man einige Dinge beachten, wenn man in Medellín unterwegs ist. Die Stadt hat ihre Geschichte und viele ihrer Einwohner sind mit der Gewalt und Gefahr der 80er und 90er Jahre aufgewachsen. Ich möchte nicht behaupten, dass die Menschen deswegen skrupeloser sind, aber die Hemmschwelle ist sicher bei dem einen oder anderen niedriger (weil er es einfach nicht anders kennt bzw. gelernt hat). Dazu kommt, dass viele Menschen nur unter ärmlichen Bedingungen leben. Der Mindestlohn in Kolumbien beträgt aktuell (2019) 828.116 COP, das entspricht knapp 230 Euro. Auch wenn Kolumbien ein preisgünstiges Land ist, reicht das nicht, um die Lebenskosten zu decken. Deshalb: ja, die Gefahr eines Überfalls besteht jederzeit und für jeden. Trotzdem sollte das niemanden von einer Reise nach Medellín abhalten.
Sicherheit in Medellín: Worauf muss ich achten?
In den eher touristischen Stadtteilen wie El Poblado oder Laureles kann man sich tagsüber in der Regel sicher durch die Straßen bewegen. Trotzdem sollte man achtsam sein und seinen Schmuck oder die geliebte Spiegelreflexkamera besser im Hotel lassen. Das Smartphone bleibt auch bestenfalls in der Tasche oder wird direkt gegen ein weniger teures Modell ausgetauscht. Ebenso ist es natürlich auch ratsam, nicht mit allzu viel Bargeld herumzulaufen. Wenn ich zum Einkaufen gehe, überschlage ich meist vorher, wieviel Geld ich benötige und habe dann tatsächlich auch nur soviel dabei (das hilft übrigens auch beim Sparen ). Wenn dann jemand der Meinung ist, mich auf dem Weg zum Supermarkt auszurauben, bekommt er im Zweifelsfall nur die 70.000 COP (ca. 20 EUR), die ich in der Hosentasche habe.
Folgt eurem Bauchgefühl und achtet auf die Leute um euch herum
Hört auf euer Bauchgefühl, schaut euch um und habt immer ein prüfendes Auge auf die Umgebung. Seid lieber etwas zu vorsichtig, als zu naiv.
Hier ein kurzes Beispiel was ich damit meine: Bei einer Fahrt mit der Metrocable (die Seilbahn) von der Stadt hinauf in die Berge konnte ich ungeniert mit dem Smartphone fotografieren. Warum? Nun, mit uns gemeinsam in der Gondel saßen nur zwei junge Mädchen in Krankenschwesternuniform, von denen augenscheinlich keine Gefahr ausging. Auf der Rückfahrt habe ich das Smartphone dann in der Tasche gelassen, da wir uns die Kabine mit drei etwas grimmig aussehenden Herren teilten.
Sicherheit im Straßenverkehr und auf den Straßen
Fahren wir mit dem Taxi, bleibt das Telefon meist in der Tasche. Im Fußraum. Mir wurden Geschichten von Dieben auf Motorbikes erzählt, die sich gern mal durch ein offenes Taxifenster bedienen.
Tagsüber stehen an den belebten Plätzen und Straßen, überall Sicherheitsleute oder Polizisten, die ein sicheres Gefühl vermitteln und die man gern im Zweifelsfall zur Sicherheitslage befragen kann. Wenn wir in Gegenden unterwegs sind, in denen wir uns nicht auskennen, fragen wir oft, ob es sicher ist, hier ein Taxi von der Straße zu nehmen oder dort und dort hinzugehen.
Sicherheit nach Einbruch der Dunkelkeit
Wenn wir nachts bzw. im Dunkeln unterwegs sind, nehmen wir meistens ein Taxi. Ab und zu sind wir aber auch kurz zu Fuß unterwegs, zum Beispiel von der Wohnung zum nahegelegenen Restaurant oder in den Supermarkt. In diesen Fällen lasse ich dann meinen Schmuck (ja, auch den billigen Modeschmuck, denn den Unterschied sieht auf die Schnelle niemand) daheim und wir laufen natürlich auch nicht durch dunkle Gassen, sondern schön entlang der beleuchteten Hauptstraßen (auch wenn das einen Umweg bedeutet). Aber insbesondere nach Mitternacht sollte man auch für kurze Wege lieber ein Taxi nehmen.
Sicherheit in Medellín: Auf die Hinweise der Einheimischen hören
Generell sind die Menschen hier sehr hilfsbereit und aufmerksam. Es kommt ab und zu vor, dass Fremde mich darauf hinweisen, das Smartphone besser nicht locker in der Hosentasche zu tragen. Das ist mir zum Beispiel einmal im Supermarkt passiert. Klar, auf offener Straße würde ich so nie herumlaufen, aber im Supermarkt? Ja, scheinbar auch dort. Und auch beim Essen in einer Mall wurden wir schon einmal darauf hingewiesen, die Telefone nicht einfach so auf den Tisch zu legen. Man kennt die Gefahr und achtet aufeinander – das finde ich ein wenig beruhigend.
Scheut euch also nicht, im Hotel oder Hostel zu fragen, welche Gegenden sicher sind, welchen Touranbietern man vertrauen kann und was es sonst in der spezifischen Gegend zu beachten gibt.
Weitere Sicherheitstipps
- Die Kolumbianer sagen gern „no dar papaya„, was soviel bedeutet wie: zeigt nicht was ihr habt, bringt euch nicht in unangenehme Situationen, haltet euch bedeckt und unauffällig.
- Wenn ihr unbedingt ein Foto von einer Sehenswürdigkeit oder einem der niedlichen Papageien machen wollt, die hier wie Spatzen auf den Stromleitungen sitzen, dann bittet euren Begleiter, die Gegend im Auge zu behalten bzw. werft ab zu einen prüfenden Blick auf eure nähere Umgebung.
- Hebt euer Bargeld ausschließlich an Bankautomaten in den Malls oder in der Bank ab, bitte niemals draussen an den Automaten
- Seid euch bewusst, dass ihr auffallt. Sei es durch die ungewöhnliche Körpergröße, eurem europäischen Aussehen oder durch euren Kleidungsstil (Ich sag nur Shorts und FlipFlops – die „Uniform“ der Touristen). Ihr zieht Blicke auf euch, seid euch bewusst, dass das Smartphone in der Hand dadurch natürlich noch viel mehr auffällt.
- Ja, Kolumbien ist ein günstiges Reiseland und man kann sich hier vielleicht sogar Dinge leisten, die man sich zuhause eher verkneift. Lasst euch aber bitte nicht verleiten bzw. seid euch bewusst, dass auschweifende Parties, Lokalrunden oder mal eben die Gruppe neugefundener Freunde zum Essen einzuladen, natürlich auch die entsprechenden Leute anzieht.
- Lasst eure Getränke in der Bar niemals unbeaufsichtigt. Was für Europa gilt, gilt hier schon lange. Ein Europäer oder Amerikaner bedeutet quasi immer „Geld und Reichtum“. Ich habe einige Erfahrungsberichte gelesen, wo jemand am nächsten Morgen in seinem Bett aufgewacht ist und die Bude war leer geräumt, weil ihm die vermeintlich freundliche Barbekanntschaft etwas ins Getränk gekippt hat und dann nicht mehr ganz so freundlich die Wohnung ausgeraubt hat.
- Seid aufmerksam in der Metro bzw. generell wenn ihr im Getümmel unterwegs seid: Rucksäcke oder Taschen gehören nach vorne, wo ihr sie im Blick habt. Lasst euch nicht von vermeintlichen Remplern ablenken.